Der lange Weg...

25. Okt. 08 Ein Samstag wie es schon viele vorher gab, ein bisschen hektisch in dieser Jahreszeit! Bereits sind einige Fasnachtskleider zugeschnitten und warten aufs genäht werden. Thomas, mein Mann ist im Südtirol auf einer Weinreise. Patrick, mein Sohn plante für diesem Abend sein 20. Geburtstagsfest mit Freunden. Chantal, meine Tochter ging Shoppen.

In meiner Agenda stand 13.30 Uhr Räbeliechtlisitzung mit Hübe im Konfetti und am Abend Dorftheater! Die restliche Zeit wollte ich mit Nähen verbringen, da ich ja mehr oder weniger ein sturmfreies Wochenende hatte und mich somit auch in der Stube breit machen konnte.

Am Vormittag legte ich in der Stube einige Stücke aus, genoss es, dass ich bei diesen Kleidern ziemlich grosse Freiheiten und sehr viel Stoff bekam. Nach dem Mittagessen machte ich mich mit dem "Räbeliechtliordner" ins Konfetti. Da ich zusammen mit Hübe schon einige Räbeliechtliumzüge organisiert hatte, war diese Sitzung nur noch eine Alibiübung, um abzuklären wer noch was mit wem abzusprechen ist. 

Kurz vor ende der Besprechung sei ich im Stuhl nach hinten "gezuckt" und weg war ich!

Hübe alarmierte sofort den Rettungsdienst und holte in der Bäckerei Steinegger Hilfe. Lisbeth half ihm, mich zu lagern, danach versuchte Hübe meine Angehörigen zu erreichen...zu Hause kam niemand ans Telefon, also nahm er mein Natel und alarmierte meine Kinder, Chantal war noch unterwegs, Patrick zu Hause. Er raste sofort ins Konfetti und kam mehr oder weniger gleichzeitig mit den Sanitätern an.

Mit dem Verdacht auf einen epileptischen Anfall wurde ich (mit Patrick) ins Kantonsspital Luzern (LUKS) eingeliefert. In Luzern wurde schnell festgestellt, dass es sich um eine Hirnblutung handelt. Patrick wurde informiert, dass ich so schnell wie Möglich nach Aarau (KSA) verlegt werden müsse!

Patrick wars nicht mehr ganz wohl, alleine in Luzern zu bangen, er bat Chantal auch zu kommen.

Die Wetterverhältnisse verschlechterten sich in dieser Zeit und man entschloss sich in Luzern die Verlegung via Rettungsdienst Seetal zu veranlassen, da wegen des Wintereinbruchs die Rega nicht eingesetzt werden konnte...Patrick und Chantal alarmierten meine Schwägerin Brigitta, die zu ihnen nach Luzern fuhr. Zusammen kehrten sie nach Meierskappel zurück, suchten meinen Allergiepass und die Krankenkassenunterlagen und fuhren danach nach Aarau.

...bange Stunden für die engsten Angehörigen, inzwischen traf auch Thomas in Aarau ein. Verwandte, Freunde, Bekannte, das ganze Dorf (der Schock der Nachricht vom unerwarteten Herzversagen von Joe Ehrler am letzten Schultag vor den Sommerferien war noch überall präsent!), alle litten mit. Würde ich überleben und wenn ja wie?

Am 29. Oktober 08 wurde das Aneurysma "Cecoilt".

(Beschreibung siehe PDF)

 

Erklärung Aneurysma und Coiling.pdf
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Die Einlage eines Shuntes (Beschreibung siehe HP von Fam. Vella) geschah am 8. Nov. 08.

Nach ca. 5-7 Tagen gab ich die ersten Worte von mir. Immer wieder bekamen die Angehörigen die Nachricht vom KSA, dass ich versuche zu sprechen, aber bei jedem besuch von ihnen wieder Enttäuschung...ich bewegte nur den Mund, Töne kamen keine raus!

Man brachte mir meine Lieblingsmusikstücke mit ("Highland Cathedral" der GM Rüssgusler Ebikon und "Ewigi Liebi" vom Jodlerklub Wiesenberg) und hängte die Aroserfahne in mein "Zimmer"...aber es dauerte und dauerte! Auch Marina, mein Gotteli brachten sie mit nach Aarau. Nicht mal auf ihr geplappert reagierte ich!

Gegen ende Oktober erwachte ich aus dem Koma und wurde am 26. Nov. 08 ins LUKS, in die Rehab 16. Stock verlegt.

...und um es vorweg zu nehmen...ich war nicht im Kantonsspital Luzern, ich war im "Kantonsspital Cham", in Unterägeri, zwischendurch wusste ich gar nicht wo, aber sicher nicht in Luzern...und wehe, man wollte mich belehren, da konnte ich wütend werden!!!

Jetzt begann ein anderer Kampf, Physiotherapie und Ergotherapie…wozu und warum konnte ich überhaupt nicht begreifen, ich wollte einfach nur nach Hause und die Fasnachtskleider nähen gehen, das Ausmass meiner Behinderungen war mir überhaupt nicht bewusst.

Für "Ahnungslose" (eigentlich wurden alle, die in mein Zimmer gelassen wurden gut vorbereitet!) hinterliess ich einen völlig durchgeknallten Eindruck. Die Erinnerungen an diese Zeit sind sehr Lückenhaft, viel konnte ich durch Erzählungen aufarbeiten und an vieles erinnere ich mich überhaupt nicht mehr. Einige mögen heute über die folgende Anekdote schmunzeln, auch ich, ich hab nämlich panische Angst vor Mäusen!!! Ich erzählte von pelzigen Tieren, die ich Nachts "im Keller" höre, einmal waren es Mäuse, dann wieder Marder oder Ratten und keiner wollte mir glauben und mir weis machen, dass in einem Spital unmöglich Mäuse sein können und unter uns sich kein Keller befinde! Eines Nachts wollte ich dann den Beweis erbringen, als ich wieder Mäuse hörte. Ich packte die halbleere Petflasche von meinem Nachttisch und wollte damit auf Jagd gehen. Weit kam ich nicht, durch die linksseitige Lähmung war ich ja nicht fähig, richtig zu laufen. Ich schleppte mich wahrscheinlich irgendwie den Wänden entlang und hielt mich, wo ich nur halten konnte...irgendwann kam es dann zum Sturz, der gottseidank relativ gimpflich ablief!

Als Nachtpersonal hatte ich auch lauter "bekannte" Gesichter...meinte ich jedenfalls! Jolanda, eine ehemalige Nachbarin, die wohl ihre Lehre im LUKS machte, inzwischen jedoch in einem ganz anderen Spital arbeitete. Gaby, eigentlich verkauft sie Stoff und Mercerieartikel und hatte eigentlich Hochbetrieb...ich verstand nicht, dass sie sich dazu noch Nachtwachen leisten müsse. In einem Pfleger meinte ich, einen Anwärter der Tätscher zu erkennen, etc., etc!

Ich versuchte diverse nächtliche "Ausflüge" zu machen. Anscheinend legte man mir ein Mätteli ums Bett, welches Alarm auslöste, wenn ich das Bett verlassen wollte!

Die Therapien wollte ich auch nicht akzeptieren, ich "bockte" wo ich nur konnte. Kommuniziert habe ich schnell relativ klar, auch Lesen konnte ich, die Buchstaben waren kein Problem...aber die Zahlen!!! Einer und Zehner gingen grad so knapp, sobald sie dreistellig (hunderter) wurden ging nichts mehr! Wer mir eine Telefonnummer angab, musste sie in Einzelzahlen diktieren.

Die Besuche meiner langjährigen Fasnachtsfreunde waren jeweils das Grösste für mich, da konnte ich wieder Fachsimpeln, versprach ihnen, dass ich so bald wie möglich an ihren Kleidern anfangen, bzw, weiterarbeiten werde. Raffi, Negi und Roli der RG's machte ich klar, wie ich mich auf ihre Sujets freue...Raffi hatte ja sein Kleid schon, er hatte den Prototypen, mit Negi hatte ich das Vorgehen auch bereits besprochen und von Roli wusste ich, dass er ein Magier war, nur wusste ich noch nicht für welchen er sich entschied! Aber am Meisten freute ich mich auf Michi, den Tambi!

Dass diese Herren schon intensive Gespräche mit meinem Mann führten und sich absicherten, dass Michi eine Ersatzschneiderin hätte wusste ich natürlich nicht...sie liessen mich im Glauben und sagten nur: "werd du jez zerscht Gsond ond de luege mer de weder wiiter!"

Auch Anita...mit ihr, Hans und Wisu hatte ich am Vorabend der Hirnblutung die "Sujetsitzung". Wir haben uns ja vom Aktivfasnächtle zurückgezogen, entschieden uns aber ganz kurzfristig, dass wir etwas auf die Beine stellen und die KUF Gschpänlis am Schmudomorgen am Franziskaner überraschen gehen! Bei Anita entschuldigte ich mich, dass ich wahrscheinlich beim Basteln nicht gross dabeisein werde, aber bis zur Fasnacht dann voll dabei sei...sie kam dann auch immer wieder mit Natel-Fötelis vorbei, um mir zu zeigen, wie weit sie nun schon seien und liess mich auch ganz lieb im Glauben dass...

Ich bekam dann irgendwann wieder mein Natel und begann mit meinem Umfeld zu komuniziern...und wie! Seit kurzem weiss ich, dass meine Kinder mir die gesendeten SMS kontrolliert haben...wo nötig haben sie sich dann auch nachgemeldet und berichtigt! Bis dann eines Tages das Natel nach einem PUK-Code verlangte...da war ichs wieder für einige Zeit los. Dass mein Natel, nachdem ich es wieder bekam keinen Code mehr wollte, wenn ich es anstellte merkte ich erst etwa im Januar!

Meine Familie wollte in diesem Zusammenhang gleich auch noch andere Passwörter, die ich auf keinen Fall rausgeben wollte. Sogar das Spitalpersonal versuchte sie mir zu entlocken, bei den täglichen Befragungen (die mir total auf den Geist gingen!)...was ist heute für ein Tag...wo sind sie (im Kantonsspital Cham-nein Frau Lutiger, sie sind im Luzerner Kantonsspital-nein todsicher nicht-doch, doch Frau Lutiger, schauen sie mal usw.)...wie heissen ihre Kinder...und dann hängten sie noch den Satz an: wie lautet das Passwort ihres Computers? Meine Antwort war immer die gleiche: das geht niemanden was an!

Besucher die ich in dieser Zeit hatte, erzählten mir, dass ich sie meist sofort erkannte und über Gott und die Welt mit ihnen sprach, ich mag mich aber an viele gar nicht erinnern, dass sie bei mir waren.

Ich war für Alles auf Hilfe angewiesen...Körperpflege, Anziehen (wie muss ich jetzt die Hose in die Hände nehmen, damit meine Beine in die Hosenbeine kamen, T-Shirts...wo muss der Kopf rein, was ist rechts und was links, usw.). Die räumliche Wahrnehmung machte mir auch Mühe. Langsam realisierte ich, dass auch mein Augenlicht nicht ist, wie es sein sollte, das Lesen machte mir Mühe. Ich sah oftmals nur verschwommen, ob mit schmutziger oder sauberer Brille, da gab es keinen Unterschied. Das Sichtfeld war auch eingeschränkt, alles was Links war, das konnten Speisen im Teller sein, Zeitungsberichte auf der linken Seite, ich sah sie nicht!

...und was ich alles verlegte und stundenlang wieder suchen musste! Auch den Überblick über meinen Schrank bekam ich nicht in den Griff, ich wusste nicht was ich drin hatte, ob ich noch genügend Socken, T-Shirts etc. hätte.

Motorisch hatte ich auch grosse Mühe, extremes Zittern, das kannte ich nur, wenn ich nervös war. Eine Mahlzeit einnehmen, ohne etwas zu verkleckern gab es nicht! Die Suppe auslöffeln...ein Ding der Unmöglichkeit! Dafür fand ich aber dann bald eine Lösung: die Suppen aus der Spitalküche mochte ich so gerne, dass ich sie nur ungern stehen liess, also begann ich sie aus der Tasse zu trinken, wie einen Kaffee! Usw., usw. usw.

Am 30. Nov. 08 war in Meierskappel der Räbeliechtliumzug und ich "sah" ihn! Es ist mir heute noch ein Rätsel...ich sah die Fackeln, leider gingen die Strassenlampen nicht aus, die Geislechlöpfer kamen, wieder Fackeln, danach die Trychler...ich wollte das Fenster öffnen, um sie auch zu hören-ermahnung der diensthabenden Schwester, dass das Fenster nicht zu öffnen sei-ich rollte zum Nächsten-wieder ein ZS-ich rollte in den Gang und wollte auf den Balkon, sah noch den Chlaus mit dem eseli...er winkte mir hinauf...da wurde es dem Personal zu Bunt und ich wurde ins Zimmer verfrachtet! Stocksauer schrieb ich Hübe und dem Präsi der Chlausgesellschaft ein SMS und beklagte mich, dass ich den Umzug nicht hätte zu ende sehen dürfen :-)!!!

Das Bewusstsein wird ganz langsam klarer!

6. Dez. 08 Chlaustag! Meine Familie kam mich einmal mehr besuchen, aber sie führten etwas im Schilde...ich musste mich warm anziehen und sie wollten mit mir nach draussen, aber warum? Ich wehrte mich anfänglich, weil ich mich schämte, mit meinen ungefärbten grauen Haaren!!!

Der Samichlaus mit Gefolge kam mich besuchen...nicht irgend ein Chlaus.

Es war mein Lebensretter Hübe, mein Lieblingschlaus mit einem der Kleider, welche ich vor einigen Jahren der Chlausgesellschaft nähte!!! Wie ich mich freute...ich kann es nicht umschreiben, ich wusste doch, dass die Boys am Chlaussamstag ein Riesenprogramm vor sich hatten (in Meierskappel besucht der Chlaus noch jeden Haushalt)!!!

Die Rute, die sie bei mir liessen behielt ich, mit der Info, dass ich die eines Tages meinem Sklaventreiber (den Physiotherapeuten betitelte ich als Sklaventreiber, als er mit mir das Treppensteigen üben wollte!) übergeben werde.

Meine Familie wurde immer mehr in die Therapien miteinbezogen, da man mir langsam aber sicher ein Wochenende zu Hause ermöglichen wollte. Jedes Familienmitglied musste instruiert werden, wie man mich beim Laufen stützen muss und vor allem wie man mit mir Treppen bewältigt. Auch in der Ergotherapie wurde einiges ausprobiert, "kochen" war mein Lieblingsthema, war aber auch gleichzeitig enttäuscht, wie kompliziert jetzt plötzlich alles wurde und ich lernte auch die vielen Hilfsmittel kennen, die zur Verfügung standen, dass es nicht zu einem Verhungern kommen würde!

An eine Ergostunde mag ich mich noch ganz gut erinnern, der wohnte auch Chantal bei. Herr Bühler wollte mit mir ein Triominos spielen...das war mal mein Familienspiel welches ich immer bevorzugte, wenn ich wählen konnte!

Herr Bühler hatte eine harte Partie mit mir...und während diesem Spiel bemerkten wir auch, wie ich meine "linksseitige Seheinschränkung" umgehen konnte! Nämlich indem ich den Kopf mehr abdrehen musste...und beinahe wäre Herr Bühler der Verlierer des Spiels geworden!!! Von diesem Tag an hiess es dann auch wenn ich wieder mal etwas suchte: "hesch lenks scho gluegt?"

Auch an den Computer durfte ich langsam. Frau Michel machte den Vorschlag, ob ich die Mails mal anschauen möchte...sicher wollte ich! Und jetzt das grosse Rätsel...das Passwort! Frau Michel loggte für mich ein, ich durfte das Passwort eingeben...fehlgeschlagen, nochmals eingeloggt Passwort wieder falsch! Aber ich wusste doch, dass es stimmen musste. Ha...es stimmte, die Fehler lagen nicht am Psswort, sondern an meiner Motorik, ich traf die Tasten nicht, wie sie sollten! Ich schrieb das PW auf ein Blatt Papier, Frau Michel gab es ein und siehe da, wir waren wo ich wollte! Dass ich die Mails aber beantworten durfte...da musste mich Frau Michel davon abhalten und vertrösten...ich wollte ja allen erzählen in welchem Spital ich mich aufhielt...! Da ein Wochenende zu Hause anstand machte sie mir den Vorschlag, dies vom eigenen Laptop aus zu machen...

Das erste Wochenende zu Hause

13. und 14. Dezember 08 durfte ich das erste Wochenende zu Hause verbringen. Es war nicht ganz einfach, vieles kam mir fremd vor und unser Haus ist ja auch nicht gerade Rollstuhlgängig gebaut. Aber es war doch wunderschön und ich kam mit der Hilfe der sehr gut instruierten Familie doch recht gut zurecht.

Enttäuschung machte sich breit, als ich merkte, dass praktisch alle angefangenen Fasnachtskleider verschwunden waren. Sah dann aber relativ schnell ein, dass meine Familie handeln musste, da ja der grössere Teil der Kleider anfangs Januar bereits auf der Bühne hätte stehen müssen. Ich vertröstete mich mit denjenigen, die ja erst auf den Schmudo fertig sein mussten!

Zum ersten Mal sass ich auch wieder an meinem Laptop...und siehe da...Passwort auf Anhieb richtig eingegeben, zur Überraschung der ganzen Familie...hätt ich doch nur gewettet mit ihnen!

Ebenfall an diesem Wochenende durfte ich im Konfetti einen Besuch abstatten. Den Baarburggeister-Nachzüglern fehlte noch Stoff und ich wollte sie selber bedienen. Chantal begleitete mich. Es war auch ein sehr einschneidender Akt. Ich musste feststellen, dass ich nicht mehr fähig bin zu Rechnen, konnte dies fast nicht verstehen. Zum guten Glück kam der junge Mann sehr gut vorbereitet, er und Chantal machten das Geschäft gemeinsam...mir blieb nur noch das Zuschauen...sehr hart! Aber den Sinn der Ergo verstand ich jetzt wenigstens, wieso ich dort "Schüelerle" musste wie ein kleines Kind! (Mein "Wissenstand" war zu diesem Zeitpunkt ungefähr der eines Erstklässlers, was Mathe und Leseverständnis anbelangte!)

Anita Renner und Claudia Zwyssig meldeten sich schon sehr bald nach dem Vorfall bei meinem Mann und wollten mein Weihnachtsgeschäft wenigstens an zwei Halbtagen pro Woche retten. Die Beideen zogen dann in Zusammenarbeit mit meiner Familie und dem restlichen FAM-Vorstand auch die geplante Bastelbühne am Chlausmärt durch...ganz nach meinen Vorstellungen:-)! Anita erzählte mir dann, dass wir am Mittwoch vor dem Vorfall mit Monika Heggli zusammensassen und den Ablauf und die Preise der Objekte diskutierten. Meine Notizen mussten sie dann noch lange in meinen Akten (dem Puff!) suchen. Da bemerkte ich zum ersten Mal, dass mir Vorkommnisse, die vor der Hirnblutung waren auch aus meinem Gedächtnis verschwunden sind!

Theater gabs dann am Sonntagabend, als sie mich wieder ins LUKS bringen mussten. Ich kenne doch den Weg nach Cham und verstand nicht, weshalb Thomas bei der Quartierausfahrt richtung Udligenswil fuhr...

Weihnachten 08

24. bis 26. Dez. 08 Ich durfte die Weihnachtstage zu Hause bei meinen Lieben verbringen! Für alle war dies ganz, ganz wichtig und wir feierten Weihnachten im kleinsten Rahmen, dafür noch viel bewusster als sonst!

Chantal schmückte den Christbaum...er sah aus, als ob ich ihn gemacht hätte... auch die Schwarzenberger Krippenfiguren fehlten nicht, inklusive deren umfangreiches Zubehör...da ich nie damit gerechnet hätte, war meine Freude umso riesiger!

An die ersten Schneiderversuche an Michis Fasikleid wagte ich mich auch in diesen "Freitagen"! Die reinste Frust...Chantal steckte für mich das Hosenmuster auf und schnitt sie nach meinen Anleitungen zu...ich schaffte es schlichtweg nicht! Das Stecken und nachher das Nähen (oder wenigstens  der Versuch zu Nähen) gelangen mehr oder weniger. Kopf und Hände hatten Streit und laaaangsam und kompliziert arbeitete ich, das realisierte ich eigentlich schnell, konnte aber schlichtweg keine Erklärung dafür finden. Wenigstens das Nähen war dann fast ein Erfolgserlebnis, nachdem auch wieder Chantal die Nähmaschine für mich einfädelte...sicherheitshalber arbeitete ich an der "gewöhnlichen" Haushaltmaschine, da mir die schnelle Industriemaschiene doch ein wenig Furcht einflösste...aber ob das Gwand in diesem Tempo bis zum Schmudo fertig wird...?

Da kam mir Lucia, die mir schon oft beim Nähen half und meine Arbeitsweisen und Anforderungen aufs Genaueste kannte mit einem Vorschlag, der mich aufschnaufen liess! Statt dass sie mich im Spital besuchen komme, komme sie doch lieber wenn ich zu Hause sei in mein Nähzimmer und helfe mir beim Nähen von Michis Kleid!...das war meine Erlösung und Rettung, damit war für mich sicher, dass Michi so laufen wird, wie wir es im Sommer besprachen!

Für die Rückreise ins Spital liess sich mein Mann etwas anderes einfallen...bei der Quartierkreuzung fuhr er richtung Rotkreuz und ich freute mich...bis zum Kreisel in Rotkreuz, als er richtung Honau ging...die gleichen Diskussionen wie beim ersten Mal!

Irgendwann, anfangs Januar 09 kam ich im während einer Ergostunde im Kantonsspital Luzern an!!!

Die Therapie begann mit den üblichen Fragen: was ist heute für ein Tag, wo sind sie...und wieder die für inzwischen alle bekannte Antwort von mir. im Kantonsspital Cham! Frau Michel setzte sich mit mir an den Computer, fragte nach dem Namen des Spitals in dem ich mich befinde...Andreasklinik, sie öffnete die Homepage der Andreasklinik und daneben die des LUKS, die Frage nach dem in welchem Stockwerk befinden wir uns, öffnete mir die Augen und liess mich im LUKS landen :-)! Ich ging danach ins Stationsbüro und "meldete mich im LUKS an", sehr zur Freude Aller!

Erste gemeinsame Besprechung (GB)

Die erste gemeinsame Besprechung am 15. Januar 09 war für mich eine Katastrofe, ich fühlte mich komplett entmündigt und verstand auch nicht, weshalb da mein Mann auch dabei sein musste!

Wer Kinder hat, die keine Schulnoten hatten, weiss wovon ich jetzt spreche, mit den Kindernd und Lehrern hatten wir auch so GB's, bei denen Leistung und Ziele  besprochen wurden. Dass ich erst in etwa einem Jahr wieder arbeitsfähig sein sollte ...das ging mir ja total gegen den Strich, wie stellten die sich das denn vor, die Verträge fürs Konfetti habe ja ICH unterschrieben und ICH musste ja dafür gerade stehen und jetzt will mir ein ganzes branchenunkundiges Team vorschreiben, was ich zu Tun und zu Lassen hätte...sicher nicht mit mir!

Protokoll der ersten GB
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Nach dem ich den "Schock" meiner Bevormundung überwunden hatte und auch Einsah, weshalb diese Gespräche sein mussten ging es immer mehr bergauf!

Ich konnte mich immer besser Orientieren, auch Motorisch gab es immer mehr Fortschritte zu verzeichnen.

Am 26. Januar wurde mir übrigens nach erneuten Computertomographischen untersuchungen in Aarau das Shuntventil von Medium auf Low umgestellt, um "mehr Saft aus dem Hirn" abfliessen zu lassen und seit diesem Zeitpunkt weiss ich nun auch, dass ich bei Aufenthalten in der Nähe von starken Magnetfeldern die Stellung des Ventils kontrollieren lassen muss.

Die Umstellung erfolgte übrigens "ganz einfach" und ohne Blutvergiessen...Dr. Fandino setzte ein Magnet auf meinen Kopf (mein Mann durfte zusehen) ich spürte wohl etwas, das war, als ob der Zahnarzt etwas an meinen Zähnen manipuliere und fertig wars!

Wieder gab es weitere GB's, das letzte mit einer so erfreulichen Mitteilung, an welche ich fast nicht mehr zu glauben wagte!

Ich bekam die Einwilligung, dass ich, wohl mit Auflagen, die ich jedoch Problemlos akzeptieren konnte, für einige Stunden in die Stadt an die Fasnacht darf...Mensch war das ein Aufsteller.

Ich musste Begleitetpersonen organisieren, die auch mit dem Rollstuhl umgehen können, Transporte mit Auto, Gehörschutz, ein Versprechen ablegen, dass ich keinen Alkohol trinke und den Rollstuhl mitnehme...all diese Vorgaben waren für mich kein Problem und ich machte mich ans organisiern!

Ich hatte das Gefühl, dass ich, beflügelt durch die Botschaft, dass ich einige Stunden während den rüüdigen Tagen in die Stadt darf, extreme Fortschritte machte.

Merkte nie, dass für die Ärzte "irgend etwas" nicht stimmte! Ich musste wohl viele Röntgen und MRI's über mich ergehen lassen, die ich als normale Kontrollen anschaute, die den Hirndruck überwachten, vor allem, weil ja das Ventil des Shunts neu eingestellt war!

Am 20. Februar brachte man mich erneut ins Röntgen und kurz bevor ich ins Wochenende nach Hause konnte, "stürmte" der Assistenzarzt Nicolaidis ins Zimmer und bat mich zu sich ins Untersuchungszimmer.

Er eröffnete mir, dass er nun endlich gefunden habe, wnach sie schon lange suchten, da ich in ihren Augen grössere Fortschritte hätte machen müssen und zeigte mir das ganz gewöhnliche Röntgenbild, welches kurz vorher gemacht wurde.

Mein Shunt war hinter dem Ohr geknickt und somit konnte die Hirnflüssigkeit nicht wunschgemäss abfliessen (Malfunktion des Shunts). Wäre nicht Lebensgefährlich gewesen, hätte mich einfach auf dem Stand der damaligen Lage gelassen (Ich war noch immer im Rollstuhl und konnte nicht ohne Hilfe laufen!). Das hiess, dass es zu einer erneuten OP kommen musste. Nikolaides organisierte uns den Neurochirurgen Karl Kothbauer noch für den selben Abend, dass er uns genau aufklären konnte, was jetzt weiter geht...

Herr Kothbauer nahm sich sehr viel Zeit für das Aufklärungsgespräch, er empfahl, den Shunt rauszunehmen...ich war froh, den rauszuhaben, da er mich beim Liegen extrem störte und ich ja schon mal nachfragte, ob man den verschieben könnte.

Herr Kothbauer wollte eine sogenannte Schlüssellochoperation durchführen, um den Shunt weglassen zu können und den Termin legten wir auch gleich fest.

 

Neuro-Endoskopie (Schlüssellochoperation) Beschreibung
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...und mit diesen News im Gepäck durfte ich ins Wochenende!!!

Am Samstag war in Meierskappel Kinderfasnachtsumzug und für mich der "erste Auftritt" im Dorf...mit Rollstuhl!

Mein Mann musste in der Agglo Aufsichtsdienst machen und "parkierte" mich nur ungern "so alleine" auf dem Dorfplatz. es war jedoch Bedenkenlos, ich hatte dutzendweise Hände, Grosse und auch Kleine, die mich stossen und rangieren wollten...es waren ganz spezielle Gefühle! Auch den Hausarzt traf ich dort an, ihm konnte ich die allerneusten Untersuchungsergebnisse höchstpersönlich mitteilen.

Die ersten Fasnachtsrhytmen waren Medizin für mich und ich konnte sehr gut einteilen, was ich ertragen mochte und was nicht, es war jedenfalls wunderschön, auch die vielen Freunde wieder mal zu sehen!

Es kam auch beim Einen oder Anderen zu Tränen, weil mich viele zum ersten Mal im Rollstuhl sahen und nicht darauf vorbereitet waren, aber es wurden dann glückliche Tränen daraus, da ich doch klar komunizieren und dabei noch strahlen konnte!

Und mit dem Start der neuen Woche hielt auch der Norovirus im LUKS im 16. Stock einzug. Jeden Morgen war wieder an einer neuen Zimmertüre das Schild betreten verboten und meine Angst, dass mich der Norovirus auch verbarrikadieren könnte und mich an der Fasnacht hindern könnte wurde recht gross...so desinfiziert wie in diesen Tagen hatte ich noch nie in meinem Leben, weil ich bis dahin nichts von diesen Mitteln hielt, sogar bei den Geburten meiner Kinder liess ich dies sein, diese Fläschlis blieben damals unberührt!

Und endlich kam sie näher "meine Fasnacht"...der Norovirus liess mich in Ruhe, aber ich bekam sonst so ein Grippeli...Erkältung, Husten, Halsweh und leichte Temperatur...ich blieb dann vernünftigerweise am Schmutzigen Donnerstag im Spital und liess die Fasnacht, Fasnacht sein!

Schön früh am Morgen bekam ich jedoch die ersten MMS...von Michis Kleid! Phänomenal sah er aus und mein ganzes Betreuungsteam wollte diese MMS sehen und freute sich mit mir und ich durfte auf Güdismontag und -dienstag hoffen, da mein Fieber zurückging!

Endlich!!! Der 23. Februar 09, ich war so chribelig, als ob ich selber aktiv gehen würde! Das Taxi Vogel (auf Rat einer Krankenschwester am Voraben auf Zeit bestellt!!!) brachte mich zum Schweizerhof, ich hatte dort mit Ruth abgemacht, die mich an diesem Morgen begleitete...und anscheinend fällt man auf, wenn man mit Vogel zu den Guslern kommt (es ist anscheinend das Stammtaxi von ihnen!)...jeder drehte sich um...so quasi wele chont ächt jez afig? Und Michi reagierte als schnellster, kam mir aus dem Taxi helfen und packte den Rollstuhl um mich zu ihrem Wagen zu steuern...dabei habe ich mit Ruth vor dem Haupteingang abgemacht!!! Es gibt ja auch noch Natels und bald hatte ich auch meine Beschützerin bei mir und die Gusler konnten losspielen!

Ein unbeschreibliches Gefühl...während des Spiels jeweils plötzlich wieder ein Winken aus den Guslerreihen, wenn mich wieder Einer entdeckte und somit wurden auch die Freunde in den Zuschauerreihen auch auf mich aufmerksam...wirklich traumhaft, aber ich mochte es noch nicht so wahnsinnig lange aushalten und kehrte zum Mittagessen und für die Mittagsruhe wieder zurück ins LUKS auf die Abteilung, die Kräfte wollte ich einteilen, da ich am Abend ja gerne noch das Kulturzügli schauen gehen wollte!

24. Feb. 09 Mein allergrösster Fasnachts-Wunsch ging in Erfüllung, ich durfte das obligate Abschlusskonzert der GM Rüssgusler (wohlverstanden erst nach 23.00 Uhr) geniessen gehen! Über Gefühle, die ich hatte, muss ich hier nicht schreiben...wieder ein bisschen "Normalität" und das war Medizin! 

27. Feb. 09 Ende der stationären Spitalaufenthalte ich durfte endlich nach Hause!

Aber war das wirklich "mein Zuhause"? So Vieles kam mir fremd vor und hat sich verändert, es war gar nicht so einfach, ich musste "mein Zuhause" neu kennenlernen!

2. März 09 Start in die Tagesrehab. Dreimal pro Woche wird dies nun Vorerst zu meinem Wochenprogramm gehören und ist mit viel Organisation für meine Angehörigen und Freunde verbunden, da ich mich im Freien und "fremden" Umgebungen ja noch nicht selbständig von A nach B bewegen konnte! 

10. März 09 OP Nr. 2 Shuntentfernung...und ganz schlecht erwachte ich aus der Narkose...nichts war mehr, wie es vorher war, neue Löcher im Schädel (die Schlüssellochoperation, sihe PDF oben), eine Narbe mehr und einen neuen Haarschnitt.

Mir war dauernd übel, laufen konnte ich grad gar nicht mehr, durfte das LUKS jedoch aufs Wochenende hin verlassen, weil ich wieder feste Nahrung behalten konnte.

Die Freude dauerte nicht lange an...meine Familie war froh, mich in der Tagesrehab und umsorgt zu wissen, alleine zu Hause ging überhaupt nicht mehr, ich musste rund um die Uhr "bewacht" werden und nur schon der Gedanke ans Essen kehrte erneut jedesmal den Magen.

Es folgte ein Untersuch nach dem Anderen, ganze CD Sammlungen hatte ich bereits von Röntgenbildern und dann stand fest, dass die Schlüssellochoperation bei mir nicht funktionierte, ich brauchte einen neuen Shunt und dabei war ich doch so froh, diese Magnetteil loszuhaben!

In diesen wenigen Tagen verleidete mir das Leben wie es war zum ersten Mal...hätte ich die Gelegnheit gehabt, ehlich gesagt, ich hätte es hier beendet!

20. März 09 OP Nr. 3 neuer Shunteinbau! Und der brachte die Wende! Am Morgen nach diem Eingriff merkte ich sofort, als ich zum Frühstück aufsass, dass ALLES anders war! Jetzt war ich mal nicht mehr in einem Boot, sondern sass sicher im Bett.

Einzig die Sensibilität der ehemals gelähmten Glieder gab zu denken, wir nahmen an, dass dies wegen des langen Ausfalls der Physio sei. Gefährlich wurde die erste Dusche nach dieser OP! Wie üblich stellte ich die Wassertemperatur ein, indem ich das Wasser über mein linkes Bein laufen liess. Beinahe kam es zu Verbrennungen, die Temperatur spürte ich erst ab obere hälfte Oberschenkel richtig!!!

Oberflächensensibilitätsstörungen hatte (und habe ich immer noch!) ich, die auf eine defekte Nervenbahn zurückzuführen sind.

Am 24. März 09 dufte ich das LUKS verlassen, hatte einfach einen ganz grossen Wunsch...endlich zu Hause ankommen und eine Tagesrehabpause von einer Woche einzulegen! Diesem Wunsch kam man nach und ich hatte die Gelegenheit mich wirklich neu einzuleben, die Reisetasche komlett auszupacken, das Nessecaire ebenfalls! Es waren ganz spezielle Gefühle, die Zahnbürste wieder aus dem eigenen Zahnglas zu nehmen, den eigenen Spiegelschrank zu gebrauchen...nur musste der umgeräumt werden, weil ich noch nicht sooooo Mobil war und obere Etagen nicht erreichen konnte. Auch der Kleiderschrank musste ich umkrempeln und ausräumen, mir nur noch die wichtigsten Kleider auf Griffhöhe zu haben...und ich war überfordert mit "was muss ich jetzt anziehen" und "in welcher Reihenfolge muss ich jetzt was bereit legen", meine Tochter war mir da eine grosse Hilfe. Und wenn ich aus dem Haus ging, musste diejenige Person, welche mich abholte immer noch kurz einen Kontrollblick machen, ob alles so ist, wie es sein muss, das war auch für mich eine Sicherheit!

Dass ich in jeder Beziehung noch sehr eingeschränkt war wurde mir erst in dieser Woche "in Freiheit" so richtig bewusst. Die Küchenschränke räumten wir ebenfalls "Benutzerfreundlicher" um.

Für meine Familie begann ebenfalls eine neue Epoche...Mami war plötzlich viel empfindlicher und musste kontrolliert werden. Wenn ich Mittags alleine zu Hause war, telefonierte mir jedesmal Eines, um sich zu vergewissern, ob ich den Herd ausgeschaltet habe usw., usw.!

Für uns alle, sowie auch den Freundeskreis eine schwierige Zeit, aber ich konnte wirklich immer und überall um Hilfe beten...aber ich war mir das nicht gewohnt und musste auch das sozusagen lernen!

Zu Hause jedoch fühlte ich mich irgendwie nicht mehr, alles kam mir sehr, sehr fremd vor eine erste Unzufriedenheit stellte sich auch schon bald ein.

Überall sah ich Sachen, die eigentlich gemacht werden müssten, aber ich war nicht fähig, diese Dinge zu erledigen!!!

Fenster mussten geputzt werden, die Wäsche litt, vieles verfärbt oder kaputt, die Kaffeemaschine sah wahrscheinlich im letzten halben Jahr nie mehr ein Entkalkungsmittel, die Dusche ebenfalls, die Badezimmerschränke waren umgeräumt, ich wusste nicht mehr, was zu mir gehörte und dann erst mein geliebter Garten, die ganze Umgebung in die ich sehr viel Freizeit steckte, nichts war, wie ich es mir vorstellte…

Versuche, dem Ganzen selber Herr und Meister zu werden scheiterten kläglich, nicht mal Staubsaugen konnte ich selber…Fensterputzen, funktionierte auch nicht, da ich weder irgendwo stehen und nach oben schauen kann, noch auf eine Leiter steigen…Entkalkungsmittel…viel zu Gefährlich für mich und auch meine Haut, die inzwischen sehr sensibel wurde, ich war nur noch „am Motzen“!

Wir hatten in der Familie einige Diskussionen, über das wie nun weiter! Da ich ja nun mehrheitlich zu Hause war, wurde das Eine um das Andere „meiner“ Störfaktoren gemeinsam und mit Rücksprachen in Angriff genommen.

Noch mehr setzte mir zu, dass ich Schwierigkeiten beim Kochen und Backen hatte, auch zwei Leidenschaften, auf die ich nicht verzichten wollte. Nur entstand nichts, wie ich es mir vorgestellt hatte! Drei Pfannen gleichzeitig unter Kontrolle zu halten…unmöglich, etwas brannte jetzt immer an! Es begann ja meist schon mit den Vorbereitungen, Lehrbuchmässig begann ich wieder zu kochen…zuerst alles bereit stellen, was ich überhaupt selber konnte, Rüstarbeiten konnte ich infolge des Kräfteverschleisses nur sitzend machen und alles sehr laaaaaangsam, dann die Hitze von Herd oder Backofen, bis ich das wieder richtig in den Griff bekam…!

Kochen und Backen bekam ich jedoch mit vielen Tricks, die ich mir zuzulegen begann als erstes wieder zurück, aber auch hier immer wieder mit Rückschlägen, Scherben und geschmolzenen Tuperwares und so!!!

Staubsaugen geht, wenn ich mir einen Stuhl zu Hilfe nehme und halt sitzend sauge, inzwischen besitzen wir einen Roboterstaubsauger, aber ich musste lernen über Sachen, die mich störten hinwegzuschauen, hinterfragte mich jedoch dafür wieder, weshalb ich mich wöchentlich so viel Stunden mit Putzen abmühte…ein Teufelkreis!

Hinzu kamen noch Schlafstörungen. Ich schlief nur maximal zwei bis drei Stunden am Stück. Je nach dem hatte ich Mühe, mit dem wieder einschlafen, solche Nächte wurden elend lang.

Dass ich aber trotz wachen Nachtstunden mir einen Tagesrhytmus aufrecht erhalten musste merkte ich bald. Der Wecker wurde gerichtet, der jeden Morgen zur gleichen Zeit losging, egal, wie lange ich in der Nacht wach war, dann schon eher den Mittagschlaf früher antreten, als den Morgen verschlafen, oder am Abend eher Feierabend!

Die wachen Nachtzeiten verbrachte ich anfänglich vor dem Fernseher und schaute mir die Wiederholungen, von Sendungen, die ich am Vorabend verpasste. Mit der Zeit begann ich auch am Computer zu arbeiten, so störte ich auch niemanden.

Die Zeit des MICH neu kennenlernen begann jetzt! 

Den Muskelaufbau konnten wir zum Glück wie gewohnt Fortsetzen, Sehnen und Muskeln arbeiteten, ich "spüre" einfach nichts, das linke Bein, der rechte Fuss, der linke Unterarm, die äusseren drei Finger der linken Hand und die Scheitelpartie des Schädels fühlen sich mehr oder weniger "schlafend" an!

Das Laufen wollte ich trotzdem forcieren...es ist zwar mehr ein "Tapsen", aber mit viel Konzentration und Disziplin klappt das, den Rollstuhl wollte ich doch so bald wie möglich loswerden, da unsere Wohnlage höchstens einen Elektrischen zugelassen hätte, um mich selbständig zu bewegen und ich wollte ja unbedingt wieder selbständig werden!

Am 26. März 09 wollte ich es wissen und mal eine Quartierrunde zu Fuss machen!

Nach wenigen Metern verliess mich der Mut, ich kehrte wieder um und erzählte es anschliessend meiner Nachbarin, die im Garten arbeitete.

Spontan, wie Anita ist, überredete sie mich, den Rundgang in ihrer Begleitung zu machen.

Na ja...ich war eingeschränkter, als ich jeh wahrhaben wollte! Das Abwärts laufen beanspruchte wahnsinnig viel Konzentration, dass mich meine Beine nicht überholten und dann waren die Trottoirs halt auch nicht so schön eben, wie im Spitalgelände. Da sind Wurzeln, die den Beton anheben, Risse un Flicke noch und nöcher.

Auf halbem Weg mal eine Pause auf dem Spielplatz und dann wieder weiter. Das grösste Hindernis war ein schmales (80cm!) Natursträsschen, rechts eine Pflanzenmauer, links ein Abhang...oh Gott, nur mit gutem Zureden und gestütz werden schaffte ich diese paar Meter, auch die anschliessenden Treppenstufen, alles auf Rollkies, aber das Gefühl, den Quartierrundgang auf den eigenen Beinen gemacht zu haben war unbeschreiblich! Im nachhinein fanden wir dann auch den Grund, weshalb dieser Wegteil so schwierig zu bewältigen war...hatte ich den Hang auf der gelähmten Seite, blieb es lange ein Hindernis, machte ich die Runde umgekehrt, die gesunde Seite richtung Abhang, war diese Stelle nie ein Problem und liess sich ganz alleine Meistern! Jede noch so kleine Unebenheit spürte ich jedoch enorm...obwohl ich diese Wege vorher ja so oft zu Fuss ging, nie merkte ich dies, aber jetzt...

So viel ich konnte lief ich, tägliche Quartierrunden gehörten zu meinem Pflichtprogramm, nach Möglichkeit vormittags und nachmittags, mit der Zeit ganz alleine, denn ich fühlte mich im Quartier ganz sicher…hinter jedem Fenster hatte ich sicher Beobachter, oder überall in den Gärten wurde gearbeitet, die Kinder nahmen Rücksicht und ich lernte viele Quartierbewohner kennen, die ich vorher nicht kannte. Auch sehr interessante Gespräche fanden immer wieder statt.

Das Einzige, womit ich Probleme hatte und für mich eine Gefahrenquelle war…Hundehalter, die nicht so einsichtig sein wollten und ihre Hunde frei oder an der langen Leine spazieren führten, da wir am Ende eines Quartiers wohnen, mit angrenzendem Wald und Wiese ist das sicher ein Ideales Gebiet für sie. Nur schon der Anblick brachte mich aus dem Gleichgewicht und es gab welche, die ich mehrmals auf meine Problematik aufmerksam machen musste, leider!

Treppen ohne Geländer waren ebenfalls Hindernisse, die ich nicht ohne Hilfe bewältigen konnte, mit Hilfe des Gehstockes konnte ich bald ganz alleine rauf, mit dem Runter dauerte es doch noch etwas länger.

9. April 09 Tschüss Rollstuhl! Ich hatte wieder Tagesrehab und als meine Chauffeuse mit dem grossen Auto mich abholte, traf ich einen Spontanentscheid. Ich wollte den Rollstuhl zurückbringen!  Die Physiotherapeuten schauten ziemlich schräg, aber ich war mir sicher, dass ich den nicht mehr wollte, was ich nicht zu Fuss schaffte, wollte ich auch nicht mit dem Rollstuhl und im Haus (wir sind auf drei Etagen verteilt!) nütze er mir eigentlich auch nichts, ums Haus ebenfalls nicht und aus dem Haus ging auch nicht alleine, da es auf- oder abwärts ging, also definitiv: Tschüss Rollstuhl, warst mir eine erste Hilfe bei der Fortbewegung, aber ich möchte dich nicht mehr!

Anita und Claudia durfte ich jeweils an den Vormittagen begleiten, wenn das Konfetti geöffnet hatte. Für mich eine grosse Abwechslung in der Woche und Erfüllung! Es war zwar meist grosses Berge abbauen angesagt, da sich viel angesammelt hatte, das niemand wusste, wohin damit und es war auch ein verarbeiten von Verpasstem. Erste Kundenkontakte, die mich anfänglich noch recht irritierten, aber für die Seele und das Selbstvertrauen wichtig waren.

2. Mai 09, eine Woche vor Muttertag und Claudia überredete mich schon lange zu einem Kinderworkshop im Konfetti, auch sie spürte meine Sorge um das Geschäft! Mit einem Workshop würden wir wieder etwas Lager abbauen und Geld in die Kasse reinbringen und wir entschieden uns für die Vorratsgläser mit Holzdeckel, die bemalt und verziert werden können, so waren Claudia noch ich zu fest gefordert.

Vier Mädchen meldeten sich an, drei davon kannten mich schon vorher, wie werden sie auf mich reagieren? Es wurde ein sehr schöner Nachmittag, mit Emotionen, die Tante des einen Mädchens erlitt vor längerer Zeit eine Hirnblutung, sie kannte die also die Probleme um dieses Thema, ein weiteres machte das eine Glas für seine Grossmama, welche an einem Gehirntumor erkrankt ist. Dann war noch die Vivienne, die schon mehrere Workshops bei mir besuchte, sie kämpft mit ihren eigenen Behinderungen, hat eine missgebildete Hand und brachte schon Werke auf den Tisch mit einer Frischoperierten Hand und ohne gross Hilfe zu beanspruchen, die andere erneiden liessen. Vivienne war mir immer ein grosses Vorbild, wie sie mit ihren Behinderungen umging, die Pinsel so geschickt wie kein Zweites in die Hand nahm und selbst mit der Heissleimpistole nie Mühe zeigte, kleinste Detail brachte sie hin und machte mir schon so manche Freude mit ihren Arbeiten. Und das Vierte Mädchen verlor im Sommer vor meinem Vorfall sein Grosi. Wir waren ein Superteam und lachten auch sehr viel an diesem Nachmittag und wieder ist ein Schritt mehr gemacht in der Stärkung meines Selbstbewusstseins!

3. Mai 09 Erstkommunion in Meierskappel und meine „Lieblingsmädchen“ waren ausgerechnet  in diesem Jahr Erstkommunikantinnen. Wieder ein Grund, mich in der örtlichen Öffentlichkeit zu zeigen, ich besuchte diesen Gottesdienst und bekam, gerade von den Kindern so dankende Blicke, als sie mich beim verlassen der Kirche sahen. Es gab sehr viele erste Begegnungen an diesem Sonntag und ich merkte, dass mich auch die grosse Menge nahm, wie ich nun war!

4. Mai 09: Ab sofort kann ich alleine Duschen, ich bekam ein Duschsitzli! Das ist für mich eine grosses Stück  Lebensqualität zurück, denn bislang brauchte ich Hilfe zum Duschen und war danach fixfertig. Die erste Dusche mit Sitzli genoss ich wie ein kleines Kind den Regen im Sommer, mal mit dem Waschlappen zwischen jeden Zehen, die Zehen so richtig massiert und auch den Waden mal so zünftig eine Massage unter dem fliessenden Wasser…ich kann die Gefühle gar nicht umschreiben, es war wie ein Traum!  

9. Mai 09 Dorfmarkt Rotkreuz! Auf die Einladung vom Gleis 3, welche uns Meierskappeler seit den Fusionsgesprächen mit Rotkreuz jährlich an den Dorfmarkt nach Rotkreuz einladen, wollte ich zuerst absagen. Claudia war da ganz anderer Meinung…ond mier gönd, ja dann gingen wir und wieder ein Schritt weiter in die Öffentlichkeit für mich, es wird immer „einfacher", aber man muss/darf dadurch auch überall Red und Antwort stehen und es fällt mir auch immer einfacher!

22. Mai 09 erster Untersuch bei Dr. Kothbauer mit durchwegs positiven Ergebnissen und ganz wichtig, endlich das Langersehnte O.K. für eine neue Brille, bisher war das mit oder ohne Brille etwa dasselbe, ich sah nie scharf, deshalb konnte ich auch nie lange lesen, jetzt wo ich endlich Zeit gehabt hätte!

27. Mai 09 Sujetsitzung mit den Töndlitätschern im Konfetti! Wie freute ich mich auf diesen Termin, der war nun mal wieder geschäftlich und zukunftsorientiert. Dass ich noch keinen Prototyp und Beschrieb machen kann, war mir von vornherein bereits bewusst und ich informierte den Sujetchef auch bereits bei der Terminierung darüber.

Dass ich noch ziemlich Mühe habe mit Rechnen, legte ich bei dieser Sitzung gleich offen auf den Tisch und schrieb und skizzierte viel mehr auf, als üblich, dass auch die Laien mit den Berechnungen folgen konnten. Das Nähen des Prototypen, sowie den Beschrieb machen übernahm Theres Knüsel ohne grosse Diskussionen, wenn sie zurückfragen dürfe, sei dies kein Problem, sie freue sich sogar darauf und damit machte sie auch mir eine riesige Freude!

Die Schlussberechnung liess ich nachkontrollieren und wir kamen alle aufs gleiche Resultat.

1. Juni 09 Erste Geländebesichtigung auf dem Countrygelände!

4. Juni 09 Termin auf dem kantonalen Gewerbeverband. Ein zukunftsentscheidender Schritt!

6. Juni 09 Besuch auf dem Countrygelände mit dem Versuch im Saloon einen internen Anlass mit "leichter Hintergrundmusik" zu geniessen!

10., 11., 12. Juni 09 Countryfest Meierskappel! Ein wichtiger Zielpunkt meiner Rehabilitation!

16. bis 18. Juni 09 Untersuchungen im Kantonsspital Aarau

13. Juli 09 Start Ambulante Tagesrehab: ich "muss" nur noch für zwei Halbtage pro Woche in die Therapien! das heisst mehr "Freizeit"!

17. Juli 09 Endlich wieder ein klarer, scharfer Ausblick! Ich bekam die neue Brille, das ist wieder mehr Lebensqualität, ein Strich ist wieder ein Strich und nicht ein ausgefranstes Objekt, schwarz ist schwarz und nicht antrazith, das Lesen macht wieder Spass, auch das Arbeiten am Computer ist dadurch wieder viel einfacher! Und ich komme mit der Variluxbrille zurecht, da gab es im Vorfeld auch Diskussionen! Hirnverletzte haben oft Mühe mit dem Variluxglas, da das Hirn nicht so schnell umstellt, wie das Auge sehen möchte. Wenns nicht geklappt hätte, hätte ich zwei Brillen gebraucht...und sicher immer die Falsche bei mir gehabt!

22. Juli 09 Zahnarzt...mein letzter Besuch bei ihm war im Februar 08, ein DH Termin war auf anfangs November gebucht...den verschlief ich. Die Angst vor Löchern war gross, aber zum guten Glück unbegründet.

27. bis 31. Juli 09 Ferien in Arosa!!!...20km Wanderwege abspaziert, das absolute Highlight seit dem Ereignis!

...diese Wege konnte ich abspazieren. Arosa macht süchtig!
Arosaferien-Wanderkarte!.pdf
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20. August 09 Ein erster Workshop im Konfetti, ein wunderschönes Gefühl mit wunderschönem Resultat und drei zufriedenen Frauen!!!

Chropfleerete!!! Leserbrief

Uiii, am 3. September 09 musste ich meinen dicken Hals loswerden!!!

Wer Im Facebook angemeldet ist, hat auf http://www.facebook.com/search/?q=oetsma@bluewin.ch#/group.php?gid=196704051653&v=info die Möglichkeit Reaktionen nachzulesen! Achtung, da geht auch Gesunden ein schaudern über den Rücken!

...zur Abstimmung AHV/IV Initiative!
Leserbrieb Luzerner Zeitung 3.9.09.pdf
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25./26. September 09 Offizielle Wiedereröffnung und 5 Jahr Jubiläumsfeier im KONFETTI.

27. September 09 Abstimmung IV Initiative mit positivem Ausgang für uns Hirnverletzte!

28. September 09 Besprechungstermin bei Dr. Fandino in Aarau...mit der Hiobsbotschaft, dass es zu Operation Nummer vier kommen wird!!!

Das gecoilte Anarysma muss nun noch geclipt werden!  

Gelb=gecoilter Teil; Rot=dort wird der Clip gesetzt!

ab 28. September 09 bedingt durch den wunderschönen Herbst mit viel Föhn und Hochdruck praktisch permanente, höllische Kopfschmerzen, die zu einer erneuten Aufnahme und sogar Aufstockung der Schmerzmittel bedingen!

Ablenken von den Schmerzen ging nur mit kreativen Beschäftigungen, da alles Kopflastige schlichtweg unmöglich ist!

Dafür entstanden Kiloweise Karten und ein neues Bild, welches ich auf einen speziellen Wunsch hin anfertigte!

20. Oktober 09 Erster Offizieller alleiniger Arbeitsnachmittag mit anschliessendem Kartenworkshop! Ein wunderschönes Gefühl :-)!

Leserbrief zu IV Plakatkampagne!!!

Und wieder wurde ich zum Leserbriefschreiben gezwungen, um meine Frust loszuwerden!

8. November 2009
IV- Plakatkampagne.pdf
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Leserbrief NLZ und NZZ
Leserbrief NZZ u. NLZ.pdf
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Frust, extreme Rückschritte und Enttäuschungen am Laufmeter!

Am 12. November 2009 war wieder mal ein GB angesagt.

Noch nie in meinem Leben fühlte ich mich so nicht Verstanden wie an diesem Gespräch, es war alles sicherlich gut gemeint, aber dass ich von Menschen Beurteilt werde, die mich VOR meiner Hirnblutung nicht kannten...das war für mich zu viel!

Wie sich die Kinder bei Elterngesprächen in der Schule fühlen und was in ihnen danach vorgeht, kann ich jetzt sehr gut Nachvollziehen!

Eine sehr schöne Ablenkung fand ich in der organisation der Bastelbühne am 21./22. November 2009 im Schulhaus in Meierskappel. Diesen Anlass plante ich ja im Jahr vorher und er wurde in meinem Sinne von Kolleginnen und meiner Familie durchgeführt.

Und jetzt durfte ich selber wieder da stehen und mich erfreuen, wie viele, wunderschöne Weihnachtsgeschenke von Kindern und Erwachsenen hergestellt wurden!

Und welch ein Wunder, das Wetter verschlechterte sich just auf dieses Wochenende und meinem Kopf ging es immer besser, trotz geistiger Mehrbelastung kam ich mit der halben Ration an Schmerzmitteln über dieses Wochenende, welches meiner Seele Richtiggehend gut tat!

Auf Grund der langanhaltenden Kopfschmerzen entschied man am GB, dass man ein neues Schädel CT machen werde. Dazu trat ich am 23. November 2009 an

Ebenfalls an diesem Tag begannen wir mit Akupunktur um ebenfalls gegen die Schmerzen vorzugehen.

Je stärker meine Kopfschmerzen waren, umso verkrampfter war ich im Bewegungsablauf! Ich machte extreme Rückschritte was Kondition und Koordination anging und das enttäuschte mich selber auch sehr. Das Laufen fühlte sich an, als ob ich permanent Schlittschuhe an den Füssen hätte, auch wenn es nur die Geräteschuhe oder Socken waren. Die Dämmerung verursachte mir auch Mühe, sobald es einnachtete musste ich zu Hause sein, oder einen Chauffeur organisieren, ich fühlte mich total verunsichert und schaffte keine zehn Meter alleine!!! 

Der 27. November 2009 knickte mich ganz! Die Besprechung des CT's brachte an den Tag, dass mein Shunt nach einem MRI im Juni und bei der Grossuntersuchung in Aarau NIE nachkontrolliert wurde und verstellt war!!! Für mich eine zünftige Enttäuschung und Vertrauenszweifel, ich hätte alles am Liebsten hingeschmissen und wäre irgendwohin in die Berge verreist!

Bevor die Lage eskalierte suchte ich das Gespräch mit dem Neuropsychologen Peter Bucher und ich leerte mein Herz. Von diesem Zeitpunkt an entschlossen wir , dass nur noch der Hausarzt (der mich auch Privat kennt) und Herr Bucher über mich "entscheiden"!

Die Kopfschmerzen und somit der grosse Medikamentenkonsum blieben und setzen immer mehr zu, denn die Hoffnung, dass das Verstellen des Shunts eine Besserung bringt, erfüllte sich leider nicht!

Wiederum eine kleine Ablenkung war der Besuch des Samichlaus, am 4. Dezember 2009 hier zu Hause...der gleiche Chlaus, der mich ein Jahr vorher im LUKS besuchte! Der Besuch war sicher auch mit vielen Emotionen verbunden, uns allen jedoch auch die Fortschritte aufzeigten!

Vor einem Jahr war ich doch doch ziemlich in einer anderen Welt und wollte nicht wahrhaben, dass ich in Luzern war...was da alles innerhalb eines Jahres abgeht wurde mir (uns Allen) an diesem Abend sehr, sehr bewusst!

Es ging immer "harziger" weiter, die Medikamentendosis ist auf der obersten Grenze und das ewig "verladene Gefühl" gar nicht so einfach zu akzeptieren! Mein Gang war nur noch unsicher und sehr schwankend...ab und zu erweckte ich den Eindruck, Stockbetrunken zu sein. Sehr viel Mühe machte mir plötzlich auch der Gang in die Dunkelheit...nasse Strassen, entlang von Hauptstrassen beim Eindämmern, wenn die Autos mit Licht fahren, wurden für mich zu unmöglichen Gängen! Nicht selten musste mich eine Thujahecke, ein Busch, Gartenmauern und Zäune vor Stürzen bewahren. Ich musste mich anders organisieren und für solche Fälle Chauffeure aufbieten, weil es schlichtweg zu Gefährlich für mich wurde!

Kurz vor Weihnachten kam dann auch noch eine "alte"  Zugabe...die Kieferhöhlvereiterung...und so war ich meist nur noch liegend und "eingewickelt" (Leinsamen- und Kartoffelwickel!) anzutreffen.

Zu Fuss fühlte ich mich immer mehr, als ob ich Schlittschuhe angezogen hätte, dies, obwohl ich, um Bodenhaftung zu haben, meist mit präparierten Kuschelsochen (bestrich die Sohlen mit Latex!) oder Geräteschuhen umherlief...

Das Weihnachtsfest in der Freiheit stellte ich mir auch anders vor...Heiligabend vermochte ich nicht mal das ganze Nachtessen mit der Familie durchzustehen, ich musste einen Zwischenschlaf einschalten, der Jahreswechsel verlief ähnlich!

Erneuter Schock!

Nach einem kurzen Zwischenhoch, meine Geschäftspartnerin organisierte für den 2. Januar 2010 einen GmbH-Apero und am 3. Januar, Sonntagmorgen, im Konfetti...ich ging dort ein bisschen Kisten durchwühlen, übergab Hübe sein Fasnachtskleid, (das Einzige, welches ich diese Saison anfertigen konnte)...und etlichen Schaufensterlern, denen ich einen Kaffee offerierte, hätte ich im Spätnachmittag die offenen Probe der Tätscher besuchen wollen!

Es kam nicht so weit, bereits nach dem Mittagsschlaf musste ich mich für ein NEIN entscheiden!

Ich schrieb meinem Neurochirurgen ein Mail und schilderte meinen Zustand, mit der Frage, ob ich mich wohl eher als Vorgesehen bei ihm zeigen müsse! Erstaunlicherweise hatte ich kurze Zeit später bereits eine Antwort von ihm , er hatte Sonntagsdienst!

Während ich seine Antwort las, bemerkte ich, dass mein linkes Auge nicht mehr mitarbeiten wollte...und bekam ziemlich Angst. Da Herr Kothbauer Sonntagsdienst hatte, entschloss ich mich (schweren Herzens!), ihn direkt anzurufen, er wollte mich noch am selben Abend sehen...und liess mich nicht mehr nach Hause! Er verstellte meinen Shunt von Neuem und veranlasste noch CT's für den selben Abend!

Am Montagmorgen dann brach für mich die Welt fast zusammen! Ich erwachte mit den gleichen Kopfschmerzen, wie ich einschlief und die Arztvisite ergab den Satz..."Frau Lutiger, jetzt müssen sie mit ALLEM rechnen, es macht den Anschein, dass ihr Shunt wieder nicht richtig funktioniert und eventuell verstopft sein könnte, somit müsste der sofort ersetzt werden!!!"

Herrliche Aussichten, dieser Shuntwechsel hätte auch nicht mit dem vorgesehenen Clipping kombiniert werden können, das wäre eine zusätzliche OP gewesen!

Im Verlaufe des Montags verbesserte sich dann die Lage, die Augenklinik machte diverse Tests geröngt wurde nochmals und gegen Abend bekam ich dann den "Freilauf" auf dem Spitalgelände, ich durfte mich wenigstens wieder ohne Begleitung überall auf dem Areal bewegen!

Die Nacht war ein Wunder für mich! Trotz permanent laufender Venenpumpe meiner Zimmernachbarin schlief ich sehr schnell ein und erwachte erst in den frühen Morgenstunden wieder. Das gab es noch NIE, seit letztem März konnte ich nie länger als drei Stunden am Stück schlafen!!! Wie verknorkst, aber glücklich ich dem Bett entsieg können sich wahrscheinlich alle gut vorstellen!

Für mich war dies natürlich sofort das Zeichen, DASS mein Shunt einwandfrei funktioniert und die anschliessende Visite bestätigte dies. Erste Erleichterung stellte sich ein, man wollte jedoch nochmals Röntgenbilder  studieren...und die zeigten tatsächlich Verbesserungen, obwohl die Kopfschmerzen andauerten!

Ich durfte das LUKS an diesem 5. Januar 2010 gegen Abend wieder verlassen...sehr erleichtert, dass es nicht zu einer Zusatz-OP kam!

Die Kopfschmerzen dauerten an...und inzwischen hat mich ein Freund und Hobbymeteorologe auf ein interessantes Thema aufmerksam gemacht, die Biometeorologie! Die habe Auswirkungen auf den Gesundheitszusatnd der Menschheit und die Deutschen Meteorologen haben anscheinend bereits Studienresultate...ich warte inzwischen auf eine Antwort von Herrn Kachelmann, weil ich meine Medikamentenlisten mit diesen Listen abgleichen möchte!

Fasnacht 2010! Wie freute ich mich auf diese fünfte Jahreszeit! Es hat nicht sollen sein, am Schmudo Morgen erwachte ich kurz nach vier Uhr...heftige Kopfschmerzen, die anstiegen..."unter der Egg-Feeling" im Oberstübli schrieb ich in mein Facebookprofil! Den ganzen Tag verbrachte ich wieder mal mehr oder weniger ruhig liegend!

Am Samstag dann ein "Zwischenhoch", aber als ich meinen Mittagschlaf vorbei hatte, war in Meierskappel der Fasnachtsumzug auch vorbei und in die Halle konnte ich mich nicht wagen, also entschloss ich mich kurzerhand, kurz nach Luzern zu fahren und für kurze Zeit ins närrische Treiben einzutauchen. Begleitung hatte ich recht bald schon (Danke Ruth;-)), viele bekannte Gesichter sah ich seit einem Jahr wieder mal...eine grosse Freude und Seelenbalsam für mich, nach zwei Stunden kehrte ich glücklich wieder nach Hause zurück!

Sonntag wären in der Agglo diverse Umzuge gewesen...wieder ohne mich, die gleichen Anzeichen wie am Donnerstag, also wieder Zimmerarrest!

Am Güdismontag 15. Februar 2010 schaffte ich doch noch einige Stunden Fasnacht…immer gut beschütz und begleitet, wiederum Seelenbalsam, steht doch der Spitalaufenthalt für das Clipping an!!!

1.März 2010…gut vorbereitet erschien ich im Kantonsspital Aarau für den Eingriff Nummer vier, das Clipping…es hat nicht sollen sein, bis und mit Anmeldung kamen wir, danach mussten wir wegen eines Notfalls wieder nach Hause, mit dem neuen Termin 24. März. Musste jedoch damit rechnen, dass ich auch vorher aufgeboten werden könnte…Schwangerschaftsfeeling, Köfferli blieb gepackt bereit, und zu jedem Termin, den ich abmachte, musste ich das „ohne Gewähr“ anhängen!

Auch ich kam als Notfall nach Aarau und auch deswegen musste vielleicht ein anderer Patient wieder nach Hause, ich hatte Verständnis, es ist einfach ärgerlich, wenn man soooooo gut vorbereitet ist.

9. März 2010 IV Hausabklärung…endlich…Bilanz: Organisieren und Delegieren geht perfekt, an den Ausführungen der verschiedenen Haushalts- und ums Hausarbeiten mangelt es noch immer! Garten und Umgebung wären mit baulichen Massnahmen (Hochbeete, mehrere Geländer)möglich, aber der Aufwand wäre zu gross!

22. März 2010 um 10.00 Uhr hatten Yvonne Schnyder und ich endlich einen Termin beim Notar, um unsere GmbH zu besiegeln…welch schönes Gefühl, ich bin nicht mehr alleine Verantwortlich fürs Konfetti!

24. März 2010 jetzt ist es soweit…Eingriff Nummer vier! Ich wurde am Donnerstag 25. März geclippt (Siehe 28. September 09)! So bewusst, wie bei dieser Operation erwachte ich noch nie aus einer Narkose…das erste war lesen, kann ich das noch…und war glücklich, dass ich das Namensschild des Pflegers perfekt lesen konnte, dann Sprechen, funktionierte ebenfalls perfekt und die Reflexe waren auch in Ordnung…schon mal grosse Erleichterung. Schmerzen…na ja, ich hab ja wieder eine neue Narbe über meinem Schädel, Medikamente bekam ich wieder andere, weswegen blieb unbeantwortet!!! Das Spital durfte ich am 1. April verlassen.

19. April 2010 GB im LUKS….judihuiiiii, das Letzte!

Wir entschlossen uns, die Ergotherapien aufzuhören, das war Meist eigentlich nur noch ein Agenda- und Arbeitsprotokolle durchkontrollieren und besprechen. Da ich im Umfeld viele liebe Leute habe, die mich Unterstützen wird auf Eigeninitiative gesetzt.

Dafür wird die Physiotherapie wieder aufgenommen, aber nicht mehr im LUKS, sondern in Rotkreuz, damit ich nicht zu viel Energie in den langen Weg stecken muss.

Anhaltend sind jedoch die Kopfschmerzen…leider!

12. Mai 2010 CT und Nachkontrolle in Aarau…und weiter Kopfschmerzen

24. Mai 2010 Nachts Schüttelfröste!

27. Mai 2010 Abends Notfallmässig ins LUKS nach heftigen Schüttelfrösten, Verdacht auf einen Infekt.

2. Juni 2010 Entlassung, nachdem man Punktierte und den Shunt neu einstellte, zum Glück kein Infekt!

16. Juni 2010 erneute „Kontrolle“ in Aarau, verbunden mit sehr langem Warten und erneutem Skalpellwetzten…wir möchten ihnen einen „hochsensibleren Shunt“ einsetzen, aber mit Kopfschmerzen müssen sie eh leben lernen!!!

Diese Antwort mochte ich nicht akzeptieren, ich möchte nicht das Versuchskaninchen spielen!

14.Juli 2010 zum letzten Mal Akkupunktur

21. bis 31. Juli 2010 Ablenkung, Ferien in Arosa, mit Treff der ehemaligen AM Arbeitsgschpänlis. Nur brachten mir diese Ferien meine Einschränkungen wieder mal sehr Nahe! Die ersten Tage war ich alleine in der Ferienwohnung und musste einsehen, dass ich ziemlich aufgeschmissen bin, mit einem Induktionsherd kochte ich noch nie und stellte mich sehr kompliziert an, bis ich nur ein bisschen heisses Wasser für einen Kaffee hatte ;-), passiert mir nie mehr! Dann fehlte halt plötzlich auch das Duschsitzli...improvisieren war angesagt und in "kritischen" Momenten die Tür aufgeschlossen und das Natel in Griffnähe. Diese Ferien waren infolge des schlechten Wetters nicht der absolute Hit, aber trotzdem schön.

4. August 2010 erster Physiotermin in Rotkreuz...in Zukunft zweimal wöchentlich mit Schulung der Gangsicherheit, der Balance und regelmässigem Lösen der Verkrampfungen im linken, nach wie vor sensibilitätsgestörtem Bein...eine absolute Wohltat, mit bald sichtbaren Resultaten!  

HOFFNUNG!

1. September 2010 Neurologischer Untersuch im LUKS bei Frau Stellmes (wurde von Aarau per 30. August ebenfalls für einen Neurologischen Untersuch aufgeboten, hab den abgesagt, weil ich die Antwort ja kannte und mein Mann sich einen halben Freitag sparen konnte!) ...und dies war nun mal ein richtiger Untersuch und nicht eine "Abfertigung"!

Ich musste mich mal wieder bis auf die Unterhose ausziehen und wurde von A-Z angeschaut, auch die Sensibilitätsstörungen wurden jetzt mal kontrolliert, Gangbild, Reflexe, einfach ALLES!

Von Frau Stellmes fühle ich mich nun endlich verstanden…sie wollte auch Einsicht in meine Medikamententabelle…und siehe da…die Nebenwirkung meines Medikonsums gegen die Kopfschmerzen sind unter Anderem Kopfschmerzen, na Bravo!!!!

Frau Stellmes schlug mir einen Medikamentenentzug mit humanerer Neueinstellung vor. Das musste ich mir gar nicht lange Überlegen, zu diesem Schritt gab ich sofort die Einwilligung, auch um eine weitere Operation abzuwenden! Mein Wunsch war einfach, diesen Entzug stationär durchzuführen, um mein Umfeld nicht mit den Nebenwirkungen zu belasten. Zudem bekam ich in diem Untersuch eine CD der progressiven Muskelrelaxation nach Jacobson, um den Verspannungen vorzubeugen.

Am 18. Oktober 2010 konnte ich nach diversen Verschiebungen ins LUKS eintreten und siehe da...am 26. Okt. durfte ich bereits wieder nach Hause, alles verlief reibungslos, ausser dass ich bald keine Venen mehr hatte zum Stechen. Aber nach dieser kurzen Zeit fühlte ich mich schon sehr gut.

Ein langersehnter Wunsch ging in Erfüllung

26. Mai 2016 Tandemflug über Engelberg

Das 2016 war ein recht stabiles Jahr...auch wieder mit Fortschritten, wenn auch nur Kleine!

Und weils sooo schön war...

...man hat mich ja vorgewarnt...wenn du einmal oben warst, willst du immer wieder!

Ja, am 22. April 2017 durfte ich mit Marcel Schmid den Pilatus befliegen...und ich war nicht das letzte Mal in der Luft! Einen Winterflug hatte ich mir gewünscht...den hatte ich, auch wenn es April war ;-)!

Das laufen durch Tiefschnee wurde vorgängig mit Marcel "geprobt"! Nur musste Frau Holle nach diesem Probelauf nochmal ihre Decken ausschütteln und die Situation am Flugtag war dann wirklich winterlich, aber Traumhaft schön.

NICHTS IST UNMÖGLICH!

...Fortsetzung folgt!